Internet und Benutzerschulung - kurzgefasstes Ergebnis einer Studienreise nach Grossbritannien Im Rahmen des bibliothekarischen Personalaustauschprogramms zwischen Grossbritannien und Nordrhein-Westfalen konnte ich im Oktober/November dieses Jahres vier Wochen an der Bibliothek der University of Birmingham hospitieren. Der Aufenthalt wurde dadurch ermoeglicht, dass das Ministerium fuer Wissenschaft und Forschung des Landes Nordrhein-Westfalen fuer diese Zeit Sonderurlaub bewilligt hat. Vom British Council habe ich ein Stipendium erhalten. Neben der Bibliothek der University of Birmingham habe ich verschiedene andere Universitaetsbibliotheken besucht: die der University of Essex (Colchester), der John Moores University in Liverpool, der University of Aston (Birmingham) und der University of Warwick. Darueber hinaus habe ich die Birmingham Central Library (Oeffentliche Bibliothek), die Shakespeare Institute Library in Stratford-on-Avon und die British Library in London besichtigt. Diese Studienreise war insofern sehr erfolgreich, als ich betraechtliche Unterschiede zwischen deutschen und britischen Bibliotheken feststellen konnte - wobei der Vergleich kaum zu unseren Gunsten ausfaellt. Bereits auf den ersten Blick faellt bei britischen Bibliotheken die grosszuegige EDV-Ausstattung auf. Schaut man naeher hin, so bemerkt man, dass nicht nur Zugang zum eigenen Katalog und zu einer Vielzahl von CD-ROM-Datenbanken geboten wird, sondern via Internet zu einer weltweiten Fuelle von Bibliothekskatalogen und anderen Informationsquellen. Die Moeglichkeiten des Internet, hierzulande noch kaum bekannt, werden breit genutzt: in den Leseraeumen gibt es, wie erwaehnt, Zugang fuer jeden Benutzer, und im internen Dienstbereich nutzt man z.B. die elektronische Post zur Kommunikation. An der John Moores University in Liverpool hat sogar jeder Student eine eigene e-mail-Adresse und kann von der Bibliothek aus Post versenden und empfangen. Diese Universitaet ist soweit gegangen, Bibliothek und Rechenzentrum zu einer Organisationseinheit zusammenzufassen: so finden sich in den Lesesaelen Help desks des Rechenzentrums und gewaehrleisten die fortlaufende Betreuung der Anwender. Einen ganz anderen Stellenwert als bei uns nimmt in Grossbritannien die Unterrichtung der Studenten in der Benutzung der Bibliothek und ihrer Informationsangebote ein. Waehrend bei uns meist nur Fuehrungen durch Diplom-Bibliothekare angeboten werden, bieten dort Bibliothekare des hoeheren Dienstes (academic related staff) regelrechte Kurse an. Die Kooperation mit den Fakultaeten ist sehr gut, und die Dozenten stellen sicher, dass alle Studenten im Grundstudium wenigstens einmal an einem Bibliothekskurs teilnehmen. Fuer die postgraduates sind Bibliotheksseminare Pflicht. Besonders weit in dieser Hinsicht ist die University of Birmingham, wo sogar ein mit PCs und Farb-Panel ausgestatteter spezieller Unterrichtsraum zur Verfuegung steht. Die Zeit fuer diese sogenannte user education wird dadurch gewonnen, dass die sachliche Erschliessung der Literatur mit geringerem Aufwand als bei uns betrieben wird. Waehrend jedoch unsere subtilen Schlagwortketten und Notationen mangels bibliothekarischer Kurse nur bedingt hilfreich sind, werden die Studenten in Birmingham befaehigt, sich in der Fuelle der angebotenen Informationsmittel zurechtzufinden und so an die Literatur zu gelangen, die sie brauchen. Alles Gesagte gilt mit der Einschraenkung, dass ich nur besonders ausgewaehlte Bibliotheken besucht habe. Ob ich dadurch den nationalen Durchschnitt kennengelernt habe, ist fraglich. Als wichtigste Erfahrung moechte ich jedoch die herzliche Gastfreundschaft der britischen Kolleginnen und Kollegen hervorheben. Insbesondere Tom French von der University of Birmingham hat keine Muehe gescheut, mir meinen Aufenthalt so interessant und angenehm wie moeglich zu gestalten. Neue Kontakte und Freundschaften sind sicherlich auch der groesste Gewinn einer solchen Reise. Thomas Hilberer, Universitaets- und Landesbibliothek Duesseldorf, thomas.hilberer@uni-duesseldorf.de [Tue Feb 21 15:32:45 1995, hilberer@isis.rz.uni-duesseldorf.de]