Maczewski, Jan-Mirko: Studium digitale : Geisteswissenschaften und WWW

Rezension

von Thomas Hilberer

Maczewski, Jan-Mirko:
Studium digitale : Geisteswissenschaften und WWW / Jan-Mirko Maczewski. - Hannover : Heise, 1996. - 204 S. : zahlr. Ill.
ISBN 3-88229-083-8; 50.- DM



Hinter dem anspruchsvollen Titel verbirgt sich eine Einführung in die Literaturrecherche zu geisteswissenschaftlichen Themen im Internet. Das Buch wendet sich an Anfänger und erklärt auch einfachste Techniken ausführlich und mehrfach.

Gerade Anfängern kann man es aber nur bedingt empfehlen, denn es enthält viele Lücken und Fehler. So wird für das Advanced Query-Formular der Suchmaschine AltaVista die Sucheingabe "Henrik AND Ibsen" vorgeschlagen (S. 53), obwohl der - nicht einmal erwähnte - Proximity-Operator "NEAR" präzisere Ergebnisse liefern würde. Daß es die Möglichkeit gibt, elektronische Texte einfach durch Eingabe eines Zitates mit Markierung als Phrase zu suchen, scheint der Autor nicht zu wissen (Beispiel: über die Eingabe "ihr naht euch wieder schwankende gestalten" findet AltaVista Goethes Faust).

Den Microsoft Internet Explorer braucht man nicht zu kennen, einverstanden (S. 25). Aber man sollte wissen, daß man zum Entfernen der HTML-Markierungen in einem Text nicht den Microsoft Word Internet Assistant braucht, sondern dies einfach durch copy-and-paste (Browser -> Textverarbeitung) oder durch Speichern im Dateiformat "Plain Text (*.txt)" erreichen kann (S. 142). Auch die Liste der "wichtigsten Tastenkombinationen in Netscape" enthält Fehler - dabei braucht man sie doch nur vom Bildschirm abzuschreiben (S. 30).

Einen groben Schnitzer stellt ferner der Hinweis auf das "nordrhein-westfälische JANUS-System" dar: gemeint ist das Zeitschriftenaufsatz-Schnellbestellsystem Jason, und das darf eben nicht nur von Angehörigen der Hochschulen dieses Landes benutzt werden (S. 72). "Schlecht recherchiert", möchte man da sagen - ein Prädikat, das einem Buch über das Recherchieren nicht besonders gut ansteht.

Auch der Verlag zeigt sich von einer schlechten Seite: auf den altmodischen Luxus eines Lektors und Korrektors hat man wohl verzichtet - und dies in einer Zeit, in der als Argument für die Existenzberechtigung der Verlage angesichts billiger und einfacher verlagsfreier elektronischer Publikationsmöglichkeiten immer wieder das Lektorieren ins Feld geführt wird. Es ärgert mich, wenn in einem Buch für Geisteswissenschaftler elementare Interpunktionsregeln mißachtet werden (nach alten wie neuen Regeln steht vor "sondern" ein Komma; cf. "http://www.ids-mannheim.de/grammis/reform/e3-1.html") und kein Unterschied zwischen "Worten" und "Wörtern" gemacht wird (z.B. S. 146).

Positiv hervorzuheben ist jedoch die umfangreiche Liste elektronischer Adressen geisteswissenschaftlicher Internet-Quellen (S. 163-201), auch wenn ein gewisser Anteil naturgemäß mittlerweile veraltet ist (Kovacs Directory findet sich z.B. nun unter "http://n2h2.com/KOVACS/", S. 84). Hier wäre eine Online-Sammlung vorzuziehen, aber damit kann man ja (noch) kein Geld verdienen, oder zumindest ist es nicht so einfach. August 1997

Erstveröffentlichung in: ABI-Technik, 17, 1997, Nr. 4, S. 407.

Copyright © Dr. Thomas Hilberer, th@hilberer.de.